Donnerstag, Mai 04, 2006

Mission Fada, Pama, Kompienga

Meine Mission in den Osten Burkinas war äusserst spannend. Am frühen Morgen starteten Alfred Zongo, Pascal Rouamba, Chauffeur Laurent und ich Richtung Fada N’Gourma. In Koupela (auf halbem Weg) legten wir eine Pause ein. Da die beiden Programmbeauftragten oft auf Mission sind, haben sie bereits Gewohnheiten angenommen, die absolut respektiert werden müssen. So kam es, dass wir um 8.30 Uhr im Restaurant sassen und einen Teller Reis assen, der von einer Männermannschaft zubereitet wurde (hier eine Seltenheit). Ich musste mich zuerst an den Gedanken gewöhnen, dass mein Frühstück aus einem Reisteller besteht, doch später war ich den Jungs überaus dankbar! Bis um 18 Uhr bekamen wir nämlich nichts mehr zwischen die Zähne!
In Fada angekommen ging es sofort los. Nach einer kleinen Vorstellungsrunde bei unseren lokalen Partnern, besuchten wir sogleich die ersten Projekte.

Der erste Besuch widmeten wir einer Frauengruppe, welche Seife produziert und verkauft. Die vierzig Frauen haben sich zusammengeschlossen, um sich vor allem in einem sozialen Umfeld wieder zu finden und über ihre Probleme zu diskutieren. Mit der Zeit kam ihnen der Gedanke, dass sie mit dieser Aktivität einen Gewinn erzielen könnten. Mit Hilfe von unseren Partnern, die ihnen verschiedenes Material zur Verfügung gestellt haben, läuft die Produktion inzwischen sehr gut. Mit dem Anfangsbudget von 200'000 CFA konnte ein Gewinn von 5 Millionen CFA erzielt werden. Dieses Geld wurde zum Teil in den Kauf von Getreide investiert. Die Körner werden sicher gelagert und in der Trockenzeit teurer verkauft. Der restliche Gewinn wurde für die Alphabetisierung der Frauen aufgewendet. Doch das Projekt hat mit vielen Problemen zu kämpfen.

Zwischen den Verkäufern und den Käufern gibt es keine Verträge (Lieferung erfolgt auf Vertrauensbasis)
Alle Ausgaben/Einnahmen werden in einem zerfallenden Heft notiert, ohne klare Darstellung (Mangelnde Fachkenntnisse im Bereich Buchhaltung)
Die Konten für die Seifenproduktion und den Verkauf von Getreide werden nicht getrennt geführt

Und, und, und…

Weiter ging es zu einer Molkerei. Auch hier haben sich Frauen vereinigt, um gemeinsam eine funktionierende Struktur aufzubauen. Jedes Mitglied ist verpflichtet, mindestens eine Kuh zu besitzen, um in der Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Die Kühe produzieren etwa einen Liter Milch am Tag. Da die Frauen fähig sind, mehr Milch zu konservieren und zusätzlich Joghurt zu produzieren, hat man Kühe aus Südamerika importiert. Diese Spezies ist sich jedoch nicht an die Hitze und die Ernährung Afrikas gewöhnt, weshalb alle Tiere in kürzester Zeit starben. Obwohl diese Kühe täglich etwa 15 Liter Milch gaben, war der Unterhalt aufwendiger und die nötige Nahrung konnte nicht sichergestellt werden. Nun sind die Frauen sehr gut ausgerüstet, können die Einrichtungen aber nicht optimal nutzen. Ein weiteres Problem stellt die Vermarktung dar. Da die Produkte der Frauen mit frischer Kuhmilch hergestellt werden, verfügen sie über eine bessere Qualität, die jedoch auf der Packung nicht ersichtlich ist, da kein Label angebracht ist.

Schliesslich besuchten wir einen Botaniker, der etwas ausserhalb von Fada N’Gourma auf seinem geerbten Grundstück einen botanischen Garten eingerichtet hat. Leider wurde bei einem Buschfeuer ein Teil des Gartens und der speziellen Baumarten völlig verbrannt. Er ist nun dabei, seine Anlage wieder aufzubauen und neue Pflanzen zu züchten. Dieser grosse Verlust kostet ihn viel Zeit und Geld.

Den zweiten Tag verbrachten wir ausschliesslich mit Viehzüchtern. Oftmals sind die Züchter Peulh, was auch das Markenzeichen dieser Ethnie ist. Sie kümmern sich um ihre Tiere wie um ihre eigenen Kinder. Sie können scheinbar alle Tiere von einander unterscheiden und geben ihnen Namen. Der Reichtum eines Peulh zeichnet sich durch die Grösse seiner Herde aus. Obwohl der Tierhalter die Anzahl seiner Tiere genau kennt, wird er sie nie äussern. Gemäss Angeben, stellt dies bei Impfkampagnen ein Problem dar: Falls der Tierarzt Profit schlagen möchte, hat er leichtes Spiel. Da der Peulh die Anzahl der Tiere nicht Preis gibt, kann der Veterinär mehr Impfstoff als verwendet verrechnen und der Besitzer wird die Summe stillschweigend bezahlen.
Der Peulh gilt unter den anderen Volksgruppen als hinterhältig. Der Hirt befindet sich in der „brousse“ und ist auf sich ganz allein gestellt. Einsam und verlassen verbringt er Tage lang mit seiner Herde, ohne jemandem zu begegnen.
Auch die Viehzüchter haben mit schwerwiegenden Problemen zu kämpfen. Während der Trockenzeit gibt es in Burkina Faso meistens zu wenig Gras, um die Tiere zu ernähren. Die Viehhalter bringen ihr Vieh in den Norden Togos, wo es feuchter und grüner ist. Oft werden sie bei dieser Reise jedoch überfallen und Tiere werden ihnen geklaut. Sie haben also die Wahl: Entweder bleiben sie in Burkina wo die Tiere verhungern, oder sie nehmen die Risiken des Almauftriebes nach Togo in kauf.

In verschiedenen Zonen wurden nun Hirtendichtungen installiert. Einige sind bereits bewohnt und mit Trinkstätten für die Tiere ausgerüstet. Dabei gibt es oft Probleme beim Unterhalt dieser Pumpen. Die übrigen Zonen sollten so rasch als möglich von den Züchtern besetzt werden, damit sie bei politischen Fragen konsultiert werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Entscheidungen ohne Einschliessung der Züchter gefällt werden.

Die drei Tage in Fada und Umgebung haben mir wieder einmal verdeutlicht wie komplex die Entwicklungszusammenarbeit ist und unter welchen fatalen Umständen die Landbevölkerung Burkinas lebt.