Montag, Mai 29, 2006

Une vie mouvementée

Nach einem anstrengenden Wochenende (19-20.05.2006), an welchem die DEZA einen Kurs über die internationalen Finanzinstitutionen organisiert hat, habe ich jetzt wieder etwas mehr Zeit. Die Veranstaltung wurde für unsere Mitarbeiter, die Kooperationsbüros der Region (Mali, Benin, Niger) und die Partner der Finanzhilfe abgehalten. In diesen zwei Tagen wurden „la banque mondiale, le fonds monétaire international et la banque africaine de developpement“ und ihre Instrumente vorgestellt. Ich war für die ganze Organisation zuständig und hatte kaum eine ruhige Minute. Was ich jedoch vom Kurs mitbekommen habe, war sehr lehrreich und hatte zudem einen direkten Zusammenhang mit meiner täglichen Arbeit im Büro.

Letzte Woche war eine Mission von der Zentrale hier, um uns auf das interne Kontrollsystem zu sensibilisieren und uns bei der Umsetzung zu unterstützten. Solche Workshops zeigen oft die Schwachstellen eines Unternehmens auf und sind nicht immer einfach zu handhaben. Nicht nur einmal kam es zu heftigen Diskussionen. Doch dank der köstlichen Schweizer Schokolade in der Kaffeepause, beruhigten sich die Gemüter stets ;-)

Dieses Weekend war ausserordentlich spannend. Ein live Konzert von Alpha Blondy, ein Apéro bei der Chefin mit allen Mitarbeitern, eine Hochzeit (zivil und kirchlich), ein live Konzert von Alif Naaba und schliesslich ein Barbecue mit Franzosen und Burkinabé mit dem Hauptthema Rassismus!

Montag, Mai 22, 2006

Mein durchschnittlicher Arbeitstag beträgt zur Zeit mindestens 12 Stunden. News folgen nächstens...

Montag, Mai 08, 2006

Lutte contre la corruption

So miserabel wie die letzte Woche endete, begann auch diese Woche! Heute Morgen schaue ich auf die Uhr: 7.35. Bereits seit fünf Minuten sollte ich im Büro sein. Obwohl ich mich an den Lebensrhythmus hier gewöhnt habe, bin ich einigermassen pünktlich geblieben. Hastig suche ich meine Sachen zusammen, schnappe mir meine Mobylette und düse los. Die Ampel wechselt auf Orange…ich gebe Gas, was ich in der nächsten Sekunde gleich bereue. Stopp, Polizeikontrolle! In der Eile hatte ich natürlich meinen Pass zuhause vergessen. Sie konfiszierten meine Mobylette und zu Fuss kehrte ich nach Hause zurück (war in der Nähe), um das Dokument zu holen. Sie wollten mein „Töfli“ behalten und mich zum Polizeiposten schicken, um das Fahrzeug dort abzuholen. Ich hatte wirklich keine Lust einen halben Tag herumzurennen, um mein „Töfli“ zurück zu erobern. Da ich wusste, dass ich es am Mittag benötigen werde, und sie meistens mit den Gefährten nicht sehr zimperlich umgehen, fingen die Verhandlungen an. Ich stellte mich äusserst ungeschickt dar, da ich in solchen Geschichten nicht sehr bewandert bin. Als wir uns über den Preis geeinigt hatten (der übrigens sehr hoch war), hielt ich ihm das Geld hin. Er fauchte mich an, dass ich die Kohle einzupacken soll. Anscheinend hätte ich die Scheine etwas diskreter übergeben sollen, obwohl jeder weiss, was Sache ist. Schlussendlich liessen sie mich mit meiner Mobylette gehen.
Im Büro wurde mir richtig bewusst, wie widersprüchlich mein Akt eigentlich war. Ein Kriterium, damit der Staat die Auszahlung der Finanzhilfe 2005/2006 der Geldgeber erhält lautet: „Mise en oeuvre d’une stratégie lutte contre la corruption“ und nebenbei unterstütze ich sie…
Zumindest habe ich ein Gesprächsthema fürs Café im Büro geliefert. Da sich die Story auf der Strasse Richtung Büro abwickelte, hat mich mindestens die Hälfte meiner Arbeitskollegen gesehen und die Situation ausgenutzt, um sich über mich lustig zu machen.

PS: Ich hoffe, dass nicht noch weitere Überraschungen auf mich warten.

La fête de la bière

Letzte Woche fand in Ouaga „la fête de la bière“ statt. Da mich meine Neugier an fast jeden Event führt, war auch ich an diesem Samstag von der Partie. Etwas ausserhalb des Gedränges sassen Tim und ich gemütlich auf Harassen und tauschten die neusten News aus. Nach der Arbeit gesellte sich Dioari zu uns, dem die Atmosphäre aber überhaupt nicht gefiel und die Stimmung zunehmend senkte. Etwas autoritär gab er mir zu Verstehen, dass dies kein Ort für mich sei und wir besser gehen sollten. Auf diese Aussage hin, reagierte ich etwas heftig. Seit acht Monaten bin ich mein eigener Herr (und bereits im Elternhaus war ich an gewisse Freiheiten gewöhnt) und plötzlich taucht Monsieur Dioari auf und spielt „Ersatzpapa“. Doch meinen Gesichtspunkt habe ich ihm – und allen die rundherum standen - sofort erläutert. Ich glaube, dass ich seit mehr als einem Jahr niemanden so angefahren habe wie ihn. Wirklich, ich geniesse meinen Abend, habe Spass und Dioari taucht auf, um ihn mir zu verderben. Zu dem war ich nicht einmal mit ihm ans Fest gekommen…
Ich liess Dioari zurück und folgte Tim, der sich einen Weg durch das Gedränge bahnte, um eine gemeinsame Freundin zu treffen. Plötzlich spürte ich eine Hand an meiner hinteren Hosentasche, wo sich mein Natel befand…und schwups war es weg! Ich schrie und hielt den Typ fest. Im selben Augenblick sah ich, wie er das Handy an einen zweiten übergibt. Auch den schnappte ich mir und untersuchte ihn wie eine Polizistin. Doch ich verlor die Spur und mein Natel war verschwunden wie auch die Diebe. Tim war einem der Räuber gefolgt und ebenfalls unauffindbar. Ich stand da, alle sprachen auf mich ein und mein einziger Anhaltspunkt war der Standort von Dioari. Super! Ich entschloss mich, trotz Streit dorthin zurück zu kehren. In der Zwischenzeit hatte Tim den einen Banditen der Polizei geliefert, wo man ihn zurückbehielt. Die Polizisten gehen nicht zimperlich mit den Verbrechern um. Oft werden sie wie Tiere geschlagen.
Tim stiess anschliessend wieder zu uns und nach einem tröstenden Bier traten wir den Heimweg an. Dioari erfuhr übrigens den grössten Teil der Geschichte erst auf dem Rückweg. Seinen vorwurfsvollen Blick brauch ich euch gar nicht erst zu beschreiben ;-) Ja, ich hatte unrecht : „Wer nicht hören will, muss fühlen!“

Donnerstag, Mai 04, 2006

Mission Fada, Pama, Kompienga

Meine Mission in den Osten Burkinas war äusserst spannend. Am frühen Morgen starteten Alfred Zongo, Pascal Rouamba, Chauffeur Laurent und ich Richtung Fada N’Gourma. In Koupela (auf halbem Weg) legten wir eine Pause ein. Da die beiden Programmbeauftragten oft auf Mission sind, haben sie bereits Gewohnheiten angenommen, die absolut respektiert werden müssen. So kam es, dass wir um 8.30 Uhr im Restaurant sassen und einen Teller Reis assen, der von einer Männermannschaft zubereitet wurde (hier eine Seltenheit). Ich musste mich zuerst an den Gedanken gewöhnen, dass mein Frühstück aus einem Reisteller besteht, doch später war ich den Jungs überaus dankbar! Bis um 18 Uhr bekamen wir nämlich nichts mehr zwischen die Zähne!
In Fada angekommen ging es sofort los. Nach einer kleinen Vorstellungsrunde bei unseren lokalen Partnern, besuchten wir sogleich die ersten Projekte.

Der erste Besuch widmeten wir einer Frauengruppe, welche Seife produziert und verkauft. Die vierzig Frauen haben sich zusammengeschlossen, um sich vor allem in einem sozialen Umfeld wieder zu finden und über ihre Probleme zu diskutieren. Mit der Zeit kam ihnen der Gedanke, dass sie mit dieser Aktivität einen Gewinn erzielen könnten. Mit Hilfe von unseren Partnern, die ihnen verschiedenes Material zur Verfügung gestellt haben, läuft die Produktion inzwischen sehr gut. Mit dem Anfangsbudget von 200'000 CFA konnte ein Gewinn von 5 Millionen CFA erzielt werden. Dieses Geld wurde zum Teil in den Kauf von Getreide investiert. Die Körner werden sicher gelagert und in der Trockenzeit teurer verkauft. Der restliche Gewinn wurde für die Alphabetisierung der Frauen aufgewendet. Doch das Projekt hat mit vielen Problemen zu kämpfen.

Zwischen den Verkäufern und den Käufern gibt es keine Verträge (Lieferung erfolgt auf Vertrauensbasis)
Alle Ausgaben/Einnahmen werden in einem zerfallenden Heft notiert, ohne klare Darstellung (Mangelnde Fachkenntnisse im Bereich Buchhaltung)
Die Konten für die Seifenproduktion und den Verkauf von Getreide werden nicht getrennt geführt

Und, und, und…

Weiter ging es zu einer Molkerei. Auch hier haben sich Frauen vereinigt, um gemeinsam eine funktionierende Struktur aufzubauen. Jedes Mitglied ist verpflichtet, mindestens eine Kuh zu besitzen, um in der Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Die Kühe produzieren etwa einen Liter Milch am Tag. Da die Frauen fähig sind, mehr Milch zu konservieren und zusätzlich Joghurt zu produzieren, hat man Kühe aus Südamerika importiert. Diese Spezies ist sich jedoch nicht an die Hitze und die Ernährung Afrikas gewöhnt, weshalb alle Tiere in kürzester Zeit starben. Obwohl diese Kühe täglich etwa 15 Liter Milch gaben, war der Unterhalt aufwendiger und die nötige Nahrung konnte nicht sichergestellt werden. Nun sind die Frauen sehr gut ausgerüstet, können die Einrichtungen aber nicht optimal nutzen. Ein weiteres Problem stellt die Vermarktung dar. Da die Produkte der Frauen mit frischer Kuhmilch hergestellt werden, verfügen sie über eine bessere Qualität, die jedoch auf der Packung nicht ersichtlich ist, da kein Label angebracht ist.

Schliesslich besuchten wir einen Botaniker, der etwas ausserhalb von Fada N’Gourma auf seinem geerbten Grundstück einen botanischen Garten eingerichtet hat. Leider wurde bei einem Buschfeuer ein Teil des Gartens und der speziellen Baumarten völlig verbrannt. Er ist nun dabei, seine Anlage wieder aufzubauen und neue Pflanzen zu züchten. Dieser grosse Verlust kostet ihn viel Zeit und Geld.

Den zweiten Tag verbrachten wir ausschliesslich mit Viehzüchtern. Oftmals sind die Züchter Peulh, was auch das Markenzeichen dieser Ethnie ist. Sie kümmern sich um ihre Tiere wie um ihre eigenen Kinder. Sie können scheinbar alle Tiere von einander unterscheiden und geben ihnen Namen. Der Reichtum eines Peulh zeichnet sich durch die Grösse seiner Herde aus. Obwohl der Tierhalter die Anzahl seiner Tiere genau kennt, wird er sie nie äussern. Gemäss Angeben, stellt dies bei Impfkampagnen ein Problem dar: Falls der Tierarzt Profit schlagen möchte, hat er leichtes Spiel. Da der Peulh die Anzahl der Tiere nicht Preis gibt, kann der Veterinär mehr Impfstoff als verwendet verrechnen und der Besitzer wird die Summe stillschweigend bezahlen.
Der Peulh gilt unter den anderen Volksgruppen als hinterhältig. Der Hirt befindet sich in der „brousse“ und ist auf sich ganz allein gestellt. Einsam und verlassen verbringt er Tage lang mit seiner Herde, ohne jemandem zu begegnen.
Auch die Viehzüchter haben mit schwerwiegenden Problemen zu kämpfen. Während der Trockenzeit gibt es in Burkina Faso meistens zu wenig Gras, um die Tiere zu ernähren. Die Viehhalter bringen ihr Vieh in den Norden Togos, wo es feuchter und grüner ist. Oft werden sie bei dieser Reise jedoch überfallen und Tiere werden ihnen geklaut. Sie haben also die Wahl: Entweder bleiben sie in Burkina wo die Tiere verhungern, oder sie nehmen die Risiken des Almauftriebes nach Togo in kauf.

In verschiedenen Zonen wurden nun Hirtendichtungen installiert. Einige sind bereits bewohnt und mit Trinkstätten für die Tiere ausgerüstet. Dabei gibt es oft Probleme beim Unterhalt dieser Pumpen. Die übrigen Zonen sollten so rasch als möglich von den Züchtern besetzt werden, damit sie bei politischen Fragen konsultiert werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Entscheidungen ohne Einschliessung der Züchter gefällt werden.

Die drei Tage in Fada und Umgebung haben mir wieder einmal verdeutlicht wie komplex die Entwicklungszusammenarbeit ist und unter welchen fatalen Umständen die Landbevölkerung Burkinas lebt.